Wo immer Menschen zusammenarbeiten, können sie dabei scheitern. Je komplexer die Kooperation, desto größer das Risiko, dass das Arbeitsergebnis hinsichtlich Qualität, Termin, Preis oder interner Akzeptanz eine der Seiten nicht überzeugt.
Besonders gilt dies für IT-Projekte. Dort steht die Beziehung zwischen Auftraggeber und Dienstleistern unter besonderem Stressrisiko. Lesen Sie hier, wie dann Business Mediation helfen kann.
Was kann den geordneten Ablauf eines IT-Projektes stören?
Die Gefahr ist gerade dann besonders hoch, wenn finanzielle Mittel, verfügbare Zeit und Kapazitäten oder Projektmanagement-Qualifikation der Verantwortlichen beim Auftraggeber knapp sind. Dann bleiben Fachkonzepte schwammig und lassen Raum für Interpretationen hinsichtlich Ausführung und Ergebnis, die nach jeweiliger Interessenlage radikal verschieden ausfallen können.
Bewegliche Projektziele und -termine werden immer wieder im Namen der „Agilität“ als Vorwände benutzt, Anforderungen unklar zu definieren und das eben Entwickelte wieder zu verwerfen – gleichzeitig aber an der Terminierung keine Abstriche zu machen und Anforderungen und – kostenpflichtige – Change Requests nicht klar voneinander zu unterscheiden.
Die hohe Abhängigkeit der Dienstleister von Vertrauen und Zufriedenheit ihrer Auftraggeber und die Sorge um ihren guten Ruf in ihrer Zielbranche veranlasst diese gleichzeitig oft, derartigen Übergriffen nicht entschieden genug entgegenzutreten. Dies ermutigt viele Auftraggeber, die Flexibilität ihre Dienstleister – auch in finanzieller Hinsicht – bis über deren Limit hinaus zu beanspruchen.
Werden in einer solchen Situation Teilgewerke nicht rechtzeitig fertig, klappt daher die Übergabe an weitere Dienstleister nicht, wird einer der maßgeblich Verantwortlichen ausgetauscht oder treten in der Zwischenkalkulation des Dienstleisters Schwächen in der Rentabilität des Projektes auf, ist Streit fast vorprogrammiert; beide Seiten werfen einander Unprofessionalität und Schlimmeres vor:
- Der Auftraggeber dem Dienstleister Mängel in der Qualifikation
- Der Dienstleister dem Auftraggeber Mängel in der Definition der Anforderung
Derartiger Streit drückt auf beiden Seiten auf Motivation und Arbeitsqualität. Die Allokation von Ressourcen wird dann noch schwieriger als zuvor, das Projekt stockt zum beidseitigen Schaden.
Den größten Schaden trägt dabei in aller Regel der Auftraggeber davon. Denn ein stagnierendes Projekt wirft sein Geschäft gegenüber dem Wettbewerb strategisch zurück und drückt auf die Erlöse. Zusätzlich muss er sich mit Akzeptanzproblemen im eigenen Team herumschlagen, das den Wert der in der Entwicklung befindlichen Lösung anzweifelt. „Anwender-Streik“ liegt in der Luft, der die dringend notwendige, teure, mit vielen Ressourcen belastete Lösung wertlos machen würde.
Wie lässt sich ein störungsfreier Projektablauf erreichen?
Zunächst sollten Kunden keine IT-Projekte in Angriff nehmen, ohne die erforderlichen Kapazitäten für ein professionelles Projektmanagement zu sichern – auch für einige Zeit über das voraussichtliche Ende des Projektes hinaus, denn mit Verzögerungen aus gleich welchen Gründen ist immer zu rechnen. Diese Verzögerungen können erheblich sein. Aber wenn man mit einer um 50% längeren Laufzeit rechnet, ist man auf der ziemlich sicheren Seite.
Falls externes Projektmanagement erforderlich ist – zum Beispiel durch einen Dienstleister – müssen dessen Kosten budgetiert werden. Falls ein angestellter Projektleiter eingesetzt wird, muss dieser ausreichend lang freigestellt werden.
Unbedingt gilt es sicherzustellen, dass der Projektleiter hinreichend qualifiziert ist. Verfügt er über das erforderliche Methodenwissen? Passen seine Methoden zum Typ des Projekts? Besitzt er auf beiden Seiten des Projekt-Teams genügend Autorität? Gerade bei Projektbeginn und solange das Projekt störungsfrei läuft, ist es für Projekt-Owner sinnvoll, dem Projektleiter zwar lange Leine zu lassen, aber sehr genau zu beobachten, ob er alle Voraussetzungen erfüllt. Feedback vom Dienstleister ist dabei besonders wertvoll, denn es wird diesem schwer fallen, später die Qualifikation der Projektleitung anzuzweifeln, wenn er ihn initial positiv bewertet hat.
Besondere Risiken liegen in Agilem Vorgehen. Agilität ist oft nur ein Feigenblatt für unklare Zielstellungen. Daher müssen die Ziele eines Projektes nicht nur klar gefasst, sondern auch deutlich und sinnvollerweise wiederholt im Projektteam und sinnvollerweise im gesamten Kundenunternehmen oder wenigstens im zuständigen Unternehmensbereich kommuniziert werden. Auf diese Weise können die dynamischen Zielstellungen auf der Etappe, die für Agiles Projektmanagement typisch sind, sehr gut mit den übergreifenden Zielen abgeglichen werden.
Derartige übergreifende Zielstellungen könnten zum Beispiel lauten: Durchschnittliche Bearbeitungszeit eines neuen Artikels auf X Minuten reduzieren (von aktuell Y). Dann versteht es sich fast von selbst, dass alle Programmierungen, die die Komplexität erhöhen, mehr Klicks oder mehr Freigabeprozesse erfordern, besonders kritisch auf ihre Notwendigkeit oder Sinnhaftigkeit überprüft werden müssen.
Das IT-Projekt ist massiv gestört – was tun?
Eine sehr gute Sofortmaßnahme ist es, das Projektteam auf beiden Seiten aus dem direkten Feuer zu nehmen. Es ist gut, in Betracht zu ziehen, dass die Beziehungen allerseits bereits unter Stress stehen und dass der Angstpegel eine gewisse Höhe erreicht hat. Ein Treffen auf höherer Ebene und auf neutralem Territorium hilft signalisieren, dass man an Schadensbegrenzung interessiert ist – allerdings nicht um jeden Preis!
Auf „Hahnenkämpfe“ sollte sich keine Seite einlassen, aber auch Zugeständnisse ohne Gegenleistung klug vermeiden. Sollte sich allerdings die Gegenseite bereits „eingegraben“ haben, wird spätestens ein solches „Gipfeltreffen“ diesen Umstand an den Tag bringen, denn es wird zeigen, ob und inwieweit die Informationen entlang der Berichtslinie nach oben gewandert sind.
Sollte ein solches Treffen ergebnislos und/oder in inkonzilianter Atmosphäre verlaufen, ist keine weitere Zeit zu verlieren. Business Mediation ist dann meist der einzig gangbare Weg, um wieder auf den Pfad der Produktivität einzubiegen und das Projekt vor dem Totalverlust zu bewahren.
About Post Author
Jens Löbbe
Gründer der Argestes Managementberatung. Berater, Coach, Mediator, zertifizierte Trainer und Organisationsberater.
Weitere Beiträge
Systemauswahl Redaktions-Planung: So finden Sie das optimale Planungssystem
Redaktionsplanung bedeutet heute weit mehr als festzulegen, wer in welchem Ressort wann welchen Beitrag erstellt.…
Hendrik Morr nimmt an Eintracht Frankfurts „Talents of Tomorrow – Sustain Challenge“ teil
In Sachen Digitalisierung ist kaum eine Branche so innovativ wie der Profisport. Viele bedeutende Sportvereine sind…
Die fatalsten Planungsfehler in der Projektplanung und wie Sie diese vermeiden
In der scheinbar verwirrenden Vielfalt der Probleme, an denen Projekte scheitern, lassen sich immer wieder dieselben…
So testen Sie Ihre digitalen Produkte und Dienstleistungen vor dem Launch effizient
Kleine Ursachen – große Wirkungen. Die NASA verlor zehn Jahre Entwicklung in der bemannten Raumfahrt, weil ein…
Wenn es im Projektteam hakt: Funktionsstörungen zügig beheben mit INSIGHTS MDI® Analysen
Überall dort, wo Menschen arbeiten, treffen unterschiedliche Charaktere und Verhaltensmuster zusammen. Das kann sehr…
Wie der Carl Hanser Verlag künftig mehr Transparenz in der Personalarbeit sichert
Die Digitalisierung spielt in allen geschäftlichen Prozessen eine tragende Rolle – so auch in der Verwaltung im Bereich…
Digital-Asset-Management System: Wie finden Sie die optimale Lösung für Ihre Bedürfnisse?
Was ist ein Digital Asset Management und was kann es leisten? Ein modernes Digital Asset Management (DAM) ist weit…
Buchempfehlung: The Invincible Company
Auf die Strategyzer-Publikationen habe ich als zertifizierter Trainer für Business-Model-Generation (BMG) schon früher…
Verbände: Kommunikation in Pandemie-Zeiten
In Deutschland sind Verbände im allgemeinen gut durch die Corona-Krise gekommen. Ihre Kommunikationsfähigkeit hat sich…
Lesetipp: Growth Hacking LinkedIn
Lesenswert: Björn Radde, Head of Digital Marketing bei T-Systems International GmbH beschreibt in seinem Buch "Growth…
Buchumsätze: Wachstum, Konjunktur oder was?
Marktdaten zur Entwicklung des Buchmarktes im 2. Quartal 2021 in Deutschland Zuerst die gute Nachricht: Die Sprünge…
QLC: Wie umgehen mit Orientierungskrisen?
Quarterlife Crisis: Wie Unternehmen gezielt fördern müssen Was eine Midlife Crisis ist, weiß jeder. Vor einigen…
Audiomarkt für Verlage: Trends und Erklärungen
Der Audio-Markt boomt im Gefolge des Erfolges von Spotify & Co. Podcasts und ähnliche Formate sind ideale…
Digitalprojekte effizient planen und führen
Zweitägiger Online-Workshop: Digitalprojekte in Medienhäusern effizient planen und durchführen Online schlauer werden:…
Coaching für Fach- und Führungskräfte
Unser Coaching-Ansatz In der Abgrenzung zur klassischen Fachberatung und zu Gruppen-Coaching ist Einzel-Coaching eine…
Eröffnungsvortrag dpr tech@media 2021
Digital-Strategie jetzt – wie Medien ihre chronischen IT-Probleme lösen IT-Strategie und IT-Management ist zu wichtig…
Personalzuwachs: Hendrik Morr im Argestes-Team
Seit dem 1. April 2021 ist Hendrik Morr als Junior Berater bei Argestes an Bord. Hendrik Morr hat einen Bachelor of…
Buchtipp: Geschäftsmodelle testen
Buchtipp: "Testing Business Ideas" von Alexander Osterwalder Bei der Entwicklung von Geschäftsmodellen müssen wir…
Business Mediation mit Argestes
Was ist Business-Mediation? Wo Menschen zusammenarbeiten, gibt es Konflikte. Das ist gut so, denn an konstruktiv…
Konfliktlösung bei IT-Einführungsprojekten
Probleme bei der IT-Systemeinführung? Scheitert die Einführung einer wichtigen Software, etwa eines ERP- oder…
Moderation: Workshops effizient durchführen
In vielen Unternehmens- und Projektphasen müssen Ziele abgestimmt, Ansichten und Ergebnisse vermittelt und geteilt…
Fach-Coaching: Skills gezielt entwickeln
Was können Sie mit unserem Fachcoaching erreichen? Die fachlichen Anforderungen nehmen rasant und ständig zu. Kaum eine…
Digitale Beratungstools: Kollaboration, Kommunikation und Remote-Workshops
Gute Beratung braucht Vielfalt, Erfahrung und passende Methoden. Fachlich und auch beim Einsatz digitaler…
Quick-Check Geschäftsmodell-Innovationen
Neue Anforderungen an die Digitalisierung Ihres Geschäfts Die Digitalisierung eröffnet neue Chancen und…
Digitale Geschäftsmodelle
Digitale Geschäftsmodelle entwickeln Digitale Geschäftsmodelle laufen den klassischen Modellen zunehmend den Rang ab…
Business Model Generation Workshops
Sie wollen die Business-Model-Generation-Methode (BMG) live kennenlernen und Ihr Geschäftsmodell weiter optimieren?…
Interim-Management: Was ist das überhaupt?
Management auf Zeit oder Interim-Management, was ist das eigentlich? In entscheidenden Phasen der…
Praxisbericht Interim-Management: Überbrückung eines kurzfristigen Personalbedarfs im Management
Wie funktioniert Interim-Management? Womit muss man rechnen und was ist machbar? Hier berichten wir aus der Praxis.…
Projekt-Coaching: Planung und Moderation
Die Linie entwickeln: Projektplanung und Projektstart Das Planen und Steuern von Projekten ist keine einfache Sache.…
Checkliste zum Projektstart
Warum Sie ein Projektstart gut planen müssen! Sie sollten nie ein Projekt starten, ohne die folgenden Aspekte bedacht…
Risiken im Projekt: Wie gehen wir damit um?
Projekte haben ein Ziel, eine Umsetzungsphase und ein geplantes Ende. Das ist das Wesen von Projekten, sonst wäre es…